Von Yoga Shakti
Sieben Fragen zu Yoga in der Schwangerschaft
Mit welchen Yogaübungen kann Silva ihr Kind “überreden” sich zu drehen?
Guten Tag Yoga Shakti,
heute ein Hilferuf meiner Tochter Silva. Silva bekommt voraussichtlich im Juli ihr erstes Kind und das Kleine hat es sich im Bauch richtig schön bequem und kuschelig gemacht – Beckenendlage (Steißlage). Wenn sich das Baby nicht innerhalb von 5 Wochen dreht, bleibt es bei der Beckenendlage und der Arzt hat mit Kaiserschnitt gedroht – was keiner will. Vielen Dank für die Hilfe
Gitta St., Mai 2012
Liebe Gitta St.,
wenn sich das Baby im Bauch drehen soll und noch kann, muss es dafür Platz haben. Platz schafft man in den Stellungen, in denen das Becken der Mutter höher ist als ihr Brustkorb. Dabei rutscht das Baby, wegen der Schwerkraft, vom engeren Beckenbereich in den oberen Bauchraumbereich der Mutter – und kann sich, wenn es möchte, besser drehen. Einigen meiner Kursteilnehmerinnen ist dies mit Hilfe solcher Stellungen schon gelungen. Folgende Stellungen können hier verwendet werden: die Schulterstellung (Kandharasana), bis zu 10 Minuten mit großen Kissen unter dem Rücken abgestützt, kann bei Bedarf täglich wiederholt werden. Außerdem empfehlenswert ist die Froschstellung.
Einmal hatte ich eine Teilnehmerin mit einem Kind in Beckenendlage, und die Ärzte hatten für sie bereits den Termin für einen Kaiserschnitt festgelegt, was sie aber nur ungern wollte. Bei einer Routineuntersuchung im Krankenhaus begann plötzlich die Geburt und das Kind kam recht schnell und unproblematisch in Beckenendlage zur Welt. Es gibt auch Ärzte, die in einigen Fällen mit den Händen das Baby drehen können.
Sanftes Ausprobieren der einfachen Möglichkeiten ist zu empfehlen, es sollte aber für die Mutter keine Strapaze werden, denn das könnte sich letztendlich auf das Kind auswirken. Ich erinnere die schwangeren Frauen gerne daran, dass es die perfekte Geburt nicht gibt und dass ein gesundes und munteres Kind das Entscheidende ist.
Schöne Grüße und viel Erfolg
Yoga Shakti
Wann soll ich am besten mit Yoga anfangen?
Diese Frage haben mir viele schwangere Frauen gestellt und die Antwort ist fast immer die gleiche: Jetzt, weil dir der Gedanke eben gekommen ist. Und damit hat schon der erste Unterricht stattgefunden, denn Yoga kann besonders der schwangeren Frau helfen, auf ihr Bauchgefühl aufmerksam zu werden und ihren Instinkten zu vertrauen.
Was bieten mir Yogaübungen genau in der Schwangerschaft?
Vor allem Beweglichkeit. Mehrere Kursteilnehmerinnen haben berichtet, dass sie in der Schwangerschaft mit Sport aufgehört haben und etwas Sanfteres für ihr Wohlbefinden suchen. Ich selbst war eine passionierte Reiterin bis ich schwanger wurde, dann verging mir die Lust, Yoga jedoch habe ich weiterhin mit Vergnügen bis zur Geburt täglich gemacht. In der heutigen Zeit arbeiten viele Menschen in einseitigen Arbeitsstellungen – verbunden mit langem Sitzen oder Stehen – was in der Schwangerschaft zu einer erheblichen Belastung werden kann. Eine häufige Antwort der Kursteilnehmerinnen auf meine Frage, was ihnen besonders am Herzen liegt, ist, dass sie etwas für ihren Rücken tun möchten.
Von links nach rechts: Die Schulterstellung, die Froschstellung , der Tiger
Im Yogakurs für Schwangere verwende ich viele Übungen aus der Pawanmuktasana-Serie. Das sind leichte Übungen zum Lockern der Gelenke und zur Durchblutung des ganzen Körpers sowie der Organe. Diese Übungen, zusammen mit weiteren Komponenten wie der Katze (Marjari Asana) und dem Tiger (Vyaghrasana), sind sehr wirkungsvoll. Nach und nach kommen die Frauen besser in Form, und es zeigt sich ein Bedarf nach mehr Bewegung. Hier sind die Dreieckstellungen (Trikon-asana) und nach der Schwangerschaft abgestimmte Ausführungen des Sonnengrußes (Surya Namaskara) sehr wohltuend.
Für den Rücken können verschiedenen Formen der Rückenstreckung (Paschimottanasana) verwendet werden. Die klassische Variante, mit beiden Beinen gerade nach vorne gestreckt, ist für die Schwangere mit zunehmendem Bauchumfang eher ungeeignet. Mit geraden, weit auseinander gestreckten Beinen oder mit einem nach außen angewinkelten Bein lässt sich aber die Stellung gut machen. Mache die Übungen jedoch nicht mit heftigen oder schnellen Bewegungen, sondern verweile lieber eine Zeitlang möglichst entspannt in der Position, damit sich Muskelverspannungen und Kompressionen an den Gelenken lösen können.
Rückwärtsbeugungen wie die Kobra (Bhujang-asana) – mit gestreckten Armen – und das Kamel (Ushtrasana) können auf dieselbe sanfte und ruhige Weise eingesetzt werden. Sehr beliebt ist die Schulterstellung (Kandharasana), die die Rückenmuskulatur stärkt und gleichzeitig den Unterleib und die Oberschenkel dehnt und damit Entspannung und verbesserte Durchblutung in diesen Bereichen schafft. Gegen Ischiasbeschwerden sind die Universalstellung (Shava Udarakarshanasana) und die Entspannungs-stellung der Tiere (Saithalyasana) hilfreich.
Verschiedene Gleichgewichtsstellungen im Stehen sind gut für Beine und Hüfte sowie die Körper- und Gleichgewichtswahrnehmung.
Frauen mit längerer Yogaerfahrung fragen häufig, ob sie weiterhin klassische Yogastellungen machen können. Ich unterrichte gelegentlich den Schulterstand (Savangasana) bzw. die Umkehrende Stellung (Viparita Karani) und den Fisch (Matsyasana) in einem Schwangerenkurs. Die Wirkung in der Form eines sehr entspannten Zustandes in der Gruppe hält anschließend die ganze Yogastunde an. Ansonsten können die klassischen Stellungen auch der Schwangerschaft angepasst werden. Die Hauptsache ist, dass die Stellungen und Übungen mit viel Aufmerksamkeit ausgeführt werden und dass man sich nicht überfordert.
Eine sehr wichtige Stellung ist das Stilliegen (Shavasana). Falls es unbequem ist, flach auf dem Rücken zu liegen, geht es vielleicht mit einem Kissen unter den Knien oder man liegt eben eine Weile ganz still in einer guten Stellung auf der Seite. Hier ist übrigens ein Stillkissen eine prima Hilfe.
Von links nach rechts: Das Kamel, die Hocke, die Universalstellung
Was darf ich in der Schwangerschaft nicht machen?
Eine gelegentliche Frage, die aber nicht generell beantwortet werden kann. Ich habe in den mehr als zwanzig Jahren, in denen ich mich mit Yoga für Schwangere beschäftige, schwangere Frauen gesehen, die sehr fortgeschrittene Yoga- und Meditationstechniken ausführen und die sie zum Strahlen gebracht haben wie kleine Sonnen. Es mag natürlich nicht unbedingt jederfraus Sache sein, so intensiv zu üben, aber lieber als diese oder jene Übung für verboten zu erklären, möchte ich vielmehr eine offene und vernünftige Einstellung beim Üben betonen. Wettbewerb, Idealismus und Leistungsdruck sollten beim Yoga keinen Stellenwert haben.
Dafür sollten das Interesse, neue Wege zu erforschen, sich selbst (und das ungeborene Kind) besser kennenzulernen und der Wunsch nach einer Steigerung von Entspannung, Energie, Klarheit und Flexibilität – auch im emotionalen Sinne – im Vordergrund stehen. Daraus könnte das Gefühl erwachsen, weniger ein Körper mit einem Bauchanhängsel als zwei organische Körper in einem zu sein.
Wie ist es mit der Atmung?
Mit etlichen Kilos mehr drauf, mit bis zu einem Liter Blut mehr im Kreislauf und einem Lungenvolumen, das sich langsam verringert, ist es kein Wunder, dass man in der Schwangerschaft leicht aus der Puste kommt. Hier sind Atemübungen wichtig. Unsere Yogaschule befindet sich in der zweiten Etage. Schon nach zwei Yogastunden kommen die schwangeren Kursteilnehmerinnnen leichter die Treppe hoch, habe ich bemerkt, ihre Atmung hat sich deutlich verbessert. Für die Kondition und mentale Sammlung unterrichte ich den Blasebalg und den Wechselatem (Bhastrika und Nadi Shodana), für die innere Ruhe ist die Hummel (Bhramari) sehr wirksam. Eine unentbehrliche Atemtechnik ist die tiefe, rhythmische Atmung mit einem flüsternden Ton, der durch das leichte Zusammenziehen der Stimmbänder entsteht (Ujjayi).
Eine Kursteilnehmerin berichtete nach der Geburt ihrer Tochter, dass diese Atmung sie „gerettet“ habe. Es war eine langwierige Geburt mit heftigen Wehen, aber nur wenigen Fortschritten. Die Frau hat dabei immer wieder auf die Ujjayi-Atmung zurückgegriffen, wenn ihr die Kräfte auszugehen schienen und die Schmerzen zu heftig wurden. Drei Hebammen haben sie nacheinander betreut und alle waren erstaunt, wie gut diese Gebärende durch ihre Atmung das Geschehen bewältigte. Wir üben im Kurs die Atemübungen im Meditationssitz wie vorgeschrieben, weil das die besten Ergebnisse für den Alltag bringt. Ich betone dabei auch, dass bei der Geburt alles anders ist, und dass die Techniken dann in jeder Position praktiziert werden können.
Von links nach rechts: Das Kamel, die Hocke, die Universalstellung
Was kann ich für meinen Beckenboden tun?
Der Beckenboden ist ein richtiger Leistungsträger und braucht eine gewisse Spannkraft, um seinen Job ordentlich zu machen. Hier sind kräftigende Übungen wie Ashwini Mudra (Zusammenziehen des Anus) und Vajroli Mudra (Zusammenziehen der Geschlechtsorgane und des Harnweges) gute Helfer. Sie schaffen eine verbesserte Durchblutung und entwickeln ein Gefühl dafür, wie sich Spannung und Entspannung in diesem Bereich anfühlen. Am Damm befindet sich zugleich eines der Hauptchakras im Körper, Muladhara Chakra. Dieses Chakra ist mit dem Erwachen des großen inneren Potentials an Kraft verbunden und wird durch die Beckenbodenübungen stimuliert.
Wie kann ich mich gut entspannen?
Die regelmäßige Tiefenentspannung ist für die schwangere Frau ein Muss. Meine Kursteilnehmerinnen möchten Yoga Nidra nicht missen. Viele stressbedingte Beschwerden können durch diese Übung gelindert werden. Ich war in meiner Schwangerschaft sehr viel unterwegs, auch mit Kursen und Seminaren im Ausland. Im achten Monat bekam ich frühzeitige Wehen, die sich wie Messerstiche anfühlten. Die Frauenärztin verschrieb mir Magnesium und ich verschrieb mir täglich eine Yoga Nidra Tiefenentspannung zu Hause.
Die Beschwerden verschwanden allmählich und unsere Tochter ließ erst auf sich warten, bis sie dann eine Woche nach dem errechneten Termin mit 4,3 Kilo und großer Entschlossenheit zur Welt kam.
Nachtrag Juni 2012
Guten Tag Yoga Shakti,
vielen, vielen Dank für die Hilfe Schwangerschaft/Steisslage – es hat funktioniert – das Kleine hat sich gedreht und befindet sich nun in der Schädellage und alle sind glücklich und erleichtert. Eine schöne Zeit wünschen
Silva und Gitta St.