Yoga und Bluthochdruck – über eine Studie mit Veränderungen

Die Lifestyle Heart Trial

Ende der 80ziger Jahre sorgte eine Studie in der medizinischen Welt und in der Presse weltweit für Furore. Es ging dabei um das Lifestyle Heart Trial, ein Programm von Dr. Dean Ornish und Dr. Larry Scherwitz. Eine Gruppe Menschen mit schwerwiegenden Herz-Kreislauf Symptomen, bevorstehender Bypass-OP und kurzer Lebenserwartung wurde einem Low-Tech-Programm von Yoga, Meditation, Stressbewältigung und gesunder Ernährung unterzogen. Das, was bisher in der Schulmedizin als unmöglich betrachtet wurde, war auf einmal eine Realität: Die Einengungen koronarer Gefäße wurden rückgängig gemacht.

Dean Ornish hat später mehrere Bücher über sein Programm geschrieben und inspirierte angeblich u.a. Bill Clinton, sich wegen seiner gesundheitlichen Probleme vegan zu ernähren.

Prof. Larry Scherwitz, mit deutsche Vorfahren, Leiter des Instituts für Präventivmedizin in kalifornischen Sausalito, knüpfte in Europa Kontakte, um ein entsprechendes Projekt in Europa durchzuführen. Eine Station auf dem Weg war die Medizinische Hochschule in Hannover. Mein damaliger Kontakt mit Professor Thomas Schmidt aus der Abteilung Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung führte ihn und Larry Scherwitz zu meiner Yogaschule, damals in Hannover-Linden.

Es folgte ein Austausch von Erfahrungen, und Larry Scherwitz lud mich als Lehrer in eine entsprechenden Untersuchung, die in einer Klinik im Schwarzwald stattfinden sollte, ein. Wegen der Entfernung und meiner Verpflichtungen in Hannover kam die Zusammenarbeit doch nie zustande.

Die Begegnung zwischen Prof. Schmidt und Larry Scherwitz sollte aber später in einer Kooperation mit der MHH und der AOK Niedersachsen von Bedeutung sein. Vorbild der nun geplanten Studie war das Lifestyle Heart Trial Programm. Man suchte interessierte Probanden, Mitglieder der Kasse mit Bluthochdruck.

1998 – das AOK-Herz-Kreislauf-Programm

Das AOK-Herz-Kreislauf-Programm verlief über 10 Wochen mit von mir geleiteten Yoga- und Meditationsstunden je zwei Stunden zweimal in der Woche. Vorher gab es ein einführendes und zum Schluss ein abschließendes Wochenende u.a. mit zusätzlichem Yoga- und Meditationsunterricht. Teil der Studie waren außerdem wöchentliche Einheiten mit Walking, Stressbewältigung und Abende mit Kochstunden, praktischer Einführung und Beratung in gesunder Ernährung.

Für das weitere Üben im Eigenregie nach der abgeschlossenen Studie erhielten die ca. 20 teilnehmenden Probanden ein von mir empfohlenes Yogabuch und eine Tiefenentspannungs-CD.

Die Teilnehmer wurde von einem tragbaren Blutdruck-Messgerät kontinuierlich 24/7 gemessen und die Ergebnisse am Ende der Studie analysiert.

Ein ganzheitliches Yogaprogramm

Der amerikansiche Cardiologe Herbert Benson, Gründer des Benson-Henry Institute for Mind Body Medicine im Massachusetts General Hospital in Boston beschreibt in seinem Buch „The Relaxation Response“ [die Entspannungsreaktion] das es einfach nicht ausreicht, es sich gemütlich zu machen – um eine wirkliche Entspannung und Veränderungen im Nervensystem zu bewirken. Es muss eine Methode her, die den alltäglichen Strom von Gedanken unterbricht, sagt Benson. Meditation ist die Methode dafür und sollte deshalb zu einem Programm zusammen mit Yogastellungen, Atemübungen sowie Tiefenentspannung dazugehören. Die Komponenten zusammen bilden den ganzheitlichen Ansatz, einem permanent gereizten Zustand entgegenzuwirken.

Signifikante Blutdrucksenkungen

Teilnehmer, die am Anfang den höchsten Blutdruck hatten, erzielten auch die größten Veränderungen:

„Für die erfolgreichen Teilnehmer [die mit dem am Anfang höchsten Blutdruck] sind diese Effekte alle signifikant und größer. Für die gesamte Messzeit belaufen sich beim systolischen Blutdruck auf -14mm Hg; beim diastolischen Blutdruck auf -11,6 mm HG und beim arteriellen Mitteldruck auf -13,1 mm Hg. Die Blutdrucksenkungen am Tage liegen in der gleiche Größenordnung.“ (Zitat aus dem Abschlussbericht)

Für die Probanden mit einem weniger hohen Blutdruck waren die Ergebnisse etwas weniger ausgeprägt. Über alle Probanden kommt eine durchschnittliche Senkung von 10-15 mm Hg über die 10 Wochen zustande.

Weitere Ergebnisse

Das Körper(über)gewicht und der BMI (Body-Maß-Index) wurden signifikant reduziert, und der zweimal wöchentlich stattfindende Walktest führte zu einer ebenfalls signifikant verbesserten körperliche Fitness.

Über den Yogateil: „Auch wenn wir in der vorliegende Studie keine Effektmaße für das Yogatraining untersucht haben, erscheint diese Kurskomponente sehr bedeutsam. Im Lifestyle Heart Trial von Ornish erwiesen sich die Anzahl der täglich mit Yoga und Meditation verbrachten Minuten als der wichtigste und stärkste Prädikator für die positiven gesundheitlichen Effekte einschließlich einer Rückbildung der Koronarsklerose….“

… Für die Optimierung des AOK-Kursprogramms sollte dies bedeuten, dass die Teilnehmer nicht nur zweimal wöchentlich an einem Yogakurs teilnehmen, sondern dass sie durch einen gut ausgebildeten Lehrer auch gründlich lernen, diese Techniken regelmäßig selber zu Hause einzusetzen.“

Einige Monate nach der Studie wurde ein followup-Treffen, gedacht als Austausch zwischen den Probanden und den Wissenschaftlern bzw. der AOK, vereinbart.

Bei diesem Treffen erzählte mir eine Teilnehmerin: „Zu Hause schaffe ich leider nicht die Yogaübungen zu machen, täglich höre ich aber die Tiefenentspannungs-CD Yoga Nidra*. Daraus habe ich gelernt, dass Bluthochdruck nur ein Zustand der Aufregung ist, und dass ich in der Lage bin, dies zu ändern und den Blutdruck zu senken.“  Ende des Beitrages

 

Es reicht alleine nicht aus nur köperliche Yogaübungen zu verwenden um das autonome Nervensystem ins Gleichgewicht zu bringen.

Bluthochdruck war wieder das zentrale Thema in einer neuen Studie aus dem Jahr 2016. Sie kommt zum Teil zum selben Ergebnis – und zugleich zu einer ganz überraschende Erkenntnis. 75 Menschen wurden in 3 Gruppen eingeteilt. Eine Gruppe diente als Kontrollgruppe, d. h. die Teilnehmer haben gar keine Maßnahmen ergriffen. Eine zweite Gruppe hat körperliche Übungen und Stellung aus dem Yoga gemacht. Die dritte Gruppe übte Atemübungen (Pranayama) und Meditation. Nur in der letzten Gruppe kam eine Senkung zustande.

In der Studie der AOK Niedersachsen wurden sowohl Yogastellungen als auch Pranayama, Tiefenentspannung und Meditation praktiziert – eine ganzheitliches Konzept. Yogaübungen und Stellungen bereiten für die weitere Praktiken (Pranayama und Meditation) vor, denn dann es ist viel spielerischer mit dem Atem umzugehen, leichter den Atem anzuhalten und die Meditation wird tiefer. Das eine folgt logisch dem anderen.

Mit der im Jahr 2016 durchgeführte Studie ist noch einmal klar, dass Yogaübungen diese wichtige Rolle vertreten aber auch nicht mehr: alleine können sie keine Änderungen des autonomen, vegetativen Nervensystems herbeirufen. Das gilt nicht nur für Bluthochdruck, sondern für psychosomatischen Beschwerden aller Art. Erst bei dem Einsatz von Atemübungen und Meditation sind in diesem Sinne wirkliche Veränderungen möglich.

 

QUELLEN

  • Effekte eines multimodalen Verhaltenstraining zur Senkung erhöhten Blutdrucks.
    Thomas Schmidt, Frank Weidemann, Ulla Walter, Friedrich Wilhelm Schwartz
    Medizinische Hochschule Hannover, Abteilung Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung
  • Evaluation präventiver Maßnahmen, Abschlussbericht.
    Hannover März 2001. ISEG, MHH.
  • Can lifestyle changes reverse coronary heart disease without lipid-lowering drugs?
    Five year follow-up of the lifestyle Heart Trail.
    Ornish D, Scherwitz L, Billings J, Gould L, Merrit T, Sparler S, Armstrong W, Ports T, Kirkeeide R, Hogeboom C, Brand R.
  • Yoga in arterial hypertension – a tree- armed, randomized controlled trial
    Holger Cramer, Charlotte Sellin, Dania Schumann und Gustav Dobos.
    Deutsches Ärzteblatt International 2018; 115:833-9

Erlebe Yoga Nidra. CD von Swami Janakananda. Bindu Verlag. ISBN 3-937261-01-X.