Die tantrische Tradition – Teil II – Präsenz und Intention

Vielleicht passiert es nicht sofort. Man beginnt mit den kleinen, nahen Dingen, kreist um eine Sache herum, kehrt dazu immer zurück, weckt den Eifer, entwickelt ihn, gibt sich der Situation hin .…
DANN.

Tantra ist in der Methode spektakulär. Selbst das, was anscheinend im Wege unserer Entwicklung steht, kann, wie Windenergie aus (Gegen-)Wind gewonnen wird, in eine erhöhte Konzentration transformiert werden.

Was mit einer kleinen Geschichte begann [ Die tantrische Tradition Teil 1 ] entwickelt sich weiter. Hier der zweite Beitrag über Tantra.

Die tantrische Meditationen – entspannte Aufmerksamkeit, Präsenz und Intention

Durch Entspannung entsteht eine bessere Balance zwischen rationellem Denken und Träumen. In unserer manchmal sehr rationellen Welt ist dieses Gleichgewicht durchaus sinnvoll. Klar kann man keine Träume verwirklichen ohne zu Träumen. Sie sind Samen, von praktischer oder spiritueller Natur, sie wachsen und werden zu etwas, genau deshalb, weil sie ohne Anstrengung in unserem Inneren gekeimt sind. Das Träumen hat eine weitere Qualität: Es ist eine spielerische Art zu Denken, es ist die Welt der Ideen, das Freidenken und das Verlassen der Monotonie des Gewohnten.

Die Yogastellungen lösen körperliche Verspannungen und Blockierungen, die Atemübungen räumen Platz im Kopf frei. Tiefenentspannung und die ersten Stufen der Meditationen sorgen dafür, dass sich diese Wirkung in einem Zustand der Ruhe und Gelassenheit manifestiert. Die tantrischen Meditationen leiten den Übenden aber über die Entspannung und den Rückzug der Sinne weit hinaus zu einem gesammelten Geist. Diese Art von Fokussierung bezeichne ich als INTENTION. Die Aufmerksamkeit bekommt eine Richtung und erzeugt eine hohe Geistesgegenwart.

Tantra und Kundalini

Tantra ist dafür bekannt, das Wissen über die latenten Kräfte im Mensch und die Erweckung der Chakra umfangreich zu vermitteln. Kundalini Yoga heißt, die Energie zu bündeln, nach oben durch die Wirbelsäule zu leiten, die Sinne zu Schärfen, die Wahrnehmung zu verfeinern und zu intensivieren. Dafür steht das ganze Spektrum von bekannten wie auch geheimen Techniken zur Verfügung – von einfachen Übungen bis hin zum Kriya Yoga.

Kundalini und Chakra

Hier ist es, wo die Sexualität, das Tantra im Westen nur deshalb so bekannt geworden hat, ins Licht rückt. Sie ist ein Teil der Ganzheit Mensch, Teil unserer Energiereserven und stellt eine nicht zu unterschätzende Kraft dar. Es gibt im Tantra sowohl Enthaltsamkeit als auch das Ausleben der Sexualität. Es geht aber hier hauptsächlich darum, in der Lage zu sein, die sexuelle Kraft zu leiten, zu wandeln und sie für den Energiefluss und für die Bewusstseinserweiterung zu nutzen. Wenn die Energie bei Swadhistana Chakra zum Stehen kommt, besteht die Kunst darin, sie weiter nach oben zu den höher liegenden Chakra, die neue Qualitäten darbieten, zu kanalisieren.

Workflow in Tantra

In einem weiten Land mit einem großen König gab es Herden von Wildpferden, aber nie war es jemandem gelungen, diese Pferde zu Zähmen. Als sich nun die Prinzessin einen Gemahl suchte, dachte sich der König eine angemessene Herausforderung für den künftigen Schwiegersohn aus. Wer von den Bewerbern es schaffte, ein wildes Pferd zu reiten, sollte die Prinzessin zur Frau bekommen. Viele junge Männer aus aller Welt bewarben sich. Aber enttäuscht, Humpelnd, vom Pferd gefallen, mussten sie ihr Vorhaben nach kurzer Zeit aufgeben. Alle. Außer einem. Monate vergingen ohne Nachrichten von ihm. Eines Tages sah ein Wachtmann auf der Brüstung der königlichen Burg einen einsamen Reiter in der Ferne herantraben. Als klar wird, wer er ist, wird der König selbst gerufen. Er und der ganze Hof sehen einen stolzen Reiter auf einem stolzen Ross über die Brücke zum Hof reiten. Alle sind erstaunt: „Wie hast du das Pferd gezähmt, wie ist es dir gelungen?“. „Ich habe nichts gemacht“ sagt der Kavalier keck. „Aber etwas musst du gemacht haben, sonst wärt ihr beide nicht zusammen hier“.

Der junge Mann erzählt: „Wenn das Pferd Gesellschaft wollte, war ich da. Ansonsten hielt ich Abstand. Eine Freundschaft bildete sich, das Pferd fing an, mich, der ich offensichtlich seine Bedürfnisse achtete, zu mögen und mir zu vertrauen. So konnte ich es schließlich als Freund gewinnen und eines Tages auf ihm reiten.“.

Verstehen, einfühlsam und geduldig sein, mitgehen. Diese Geschichte ist eine Metapher für die Arbeit an uns selbst und vermittelt die Arbeitsweise im Tantra. Rezepte fürs Gelingen gibt es nicht. Es ist das Leben selbst, das diese Verhaltensweisen von uns verlangt. Hilfreich ist die Unterstützung durch einen Lehrer oder Mentor.  Ende des Beitrages