Von Christian Paaske
Trataka wirkt auf die Melatoninproduktion der Zirbeldrüse
Die Zirbeldrüse (auch Epiphyse) gilt als eines der größten Rätsel im menschlichen Körper. Heute wissen wir, dass es sich um eine endokrine Drüse handelt, die das Hormon Melatonin produziert. Sie hat die Form eines Kiefernzapfens und befindet sich genau in der Mitte des Gehirns. Der französische Philosoph Descartes hielt die Zirbeldrüse für den Sitz der Seele und das Tor in die geistige Dimension. Abgesehen von dieser Äußerung hat die westliche Wissenschaft diese Drüse allerdings weitgehend ignoriert und sie als mehr oder weniger bedeutungslos eingestuft. Seit Darwin wird sie als Überbleibsel eines Auges, das wir nicht mehr verwenden und welches aus früheren Stadien der Evolution stammt, beschrieben.
Erst in den vergangenen 50 Jahren hat die Wissenschaft begonnen, einige der großen Geheimnisse der Zirbeldrüse zu lüften. Ab einem Alter von etwa sieben Jahren bilden sich dünne Schichten von Kalkablagerungen um die Drüse und sie erscheint daher auf Röntgenbildern wie ein kleiner Zapfen. Wegen ihrer mittigen Lage wird sie verwendet, um Gehirntumore festzustellen, da diese die Zirbeldrüse von ihrem Platz in der Mitte des Gehirns verschieben.
Mit Ausnahme der Nieren ist keine andere Stelle im Körper so gut mit Blut versorgt wie die Zirbeldrüse, und es gibt einige Hinweise darauf, dass diese Drüse eine größere Rolle spielt als bisher angenommen.
Neuere Entdeckungen haben gezeigt, dass das von ihr freigesetzte Hormon Melatonin etliche Wirkungen hat:
• Verlangsamung des Alterungsprozesses
• Stärkung des Immunsystems
• Regulierung der Körperwärme
• Regulierung des Östrogenspiegels bei Frauen
• Regulierung des Schlafs
Die Zirbeldrüse ist lichtempfindlich und aus diesem Grund sowohl bei Mensch als auch bei Tieren Teil der biologischen Uhr des Körpers und nimmt außerdem regulierenden Einfluss auf den Schlaf. Melatonin hat sogar eine psychedelische Wirkung und kann bei Menschen, die meditieren, übersinnliche Erlebnisse hervorrufen.
Das geheimnisvolle Dritte Auge
Laut verschiedenen, mystischen Traditionen steht die Zirbeldrüse in Zusammenhang mit Ajna Chakra, dem „Dritten Auge”, welches sich in der Mitte der Stirn – in Verlängerung zur Zirbeldrüse – befindet. Bei Shiva und Buddha finden wir das Dritte Auge als „leuchtenden Punkt” und „flammende Perle” beschrieben. Es symbolisiert Einheit, Weisheit und Bewusstsein.
Dieses Chakra wird häufig als Konzentrationspunkt in der Meditation genutzt, da es eine der Stellen im Körper ist, auf die man sich besonders leicht konzentrieren kann und es außerdem die psychische Energie aktiviert. Konzentration auf Ajna ist eine Methode, um mit der Energiedimension, die über den physischen Körper hinausgeht, in Kontakt zu treten.
In der Bibel gibt es eine Passage, die das Dritte Auge andeutet:
„Das Auge ist des Leibes Licht. Wenn nun dein Auge einfältig ist, so ist dein ganzer Leib Licht. “ Lukas 11:34
In anderen Sprachen ist in bestimmten Übersetzungen diese interessante Aussage verloren gegangen.
Der Swami Satyananda beschreibt es so:
„Ajna Chakra wird das dritte Auge oder Kontrollzentrum genannt. Es ist eine Stelle des psychischen Körpers, in der Informationen aus der äußeren Welt wahrgenommen werden und in der man bei fortgeschrittenen Übungen die Anweisungen des Gurus erhält.
– Es ist das berühmte Auge der Intuition, durch das ein psychisch entwickelter Mensch alles betrachten kann, was sich auf den physischen und psychischen Ebenen des Daseins abspielt.”
Melatonin schützt gegen Krebs
Obwohl die Zirbeldrüse nicht größer als eine Erbse ist, ist sie doch das Organ des Körpers, welches das meiste Melatonin produziert, wobei auch in den Augen und im Darm kleine Mengen erzeugt werden. Normalerweise wird in der Nacht mehr Melatonin produziert als am Tag. Die Melatoninproduktion sinkt, wenn der Körper während der Nacht einer Lichtquelle ausgesetzt ist, da die Augen neurologisch mit der Zirbeldrüse verbunden sind.
Der australische Forscher Swami Sannyasananda schreibt in einem Forschungsbericht über Melatonin:
„Wenn während der Nacht vom Körper weniger Melatonin produziert wird (z.B. wegen Störquellen wie Elektrosmog, die Red.), steigt die Anfälligkeit der Zellen gegenüber krebserregenden Substanzen. In Gebieten mit ungewöhnlich starkem elektrischen Feld, welches eine verringerte Melatoninproduktion während der Nacht zur Folge hat, wird über eine erhöhte Krebsrate berichtet. Melatonin ist eine aktive Substanz, die sowohl vorbeugend gegen Krebs wirkt als ihn auch in seiner Entwicklung hemmt und somit ein wichtiger Teil des Immunsystems ist. Besonders seine Wirkung als Anti-Oxidant ist hervorzuheben. Melatonin beeinflusst ebenso die Bildung von T-Zellen, die Stresssymptomen entgegenwirken und eine der aktivsten Substanzen des Immunsystems sind.”
Entscheidende Rolle der Zirbeldrüse
Den Wissenschaftlern Prof. Keith Cairncross und Prof. Arthur Everitt von der Macquarie Universität in Australien zufolge ist die Zirbeldrüse ein wahrer Jungbrunnen. Nach drei Jahren Forschungsarbeit sind sie zu der Überzeugung gelangt, dass die Hormone der Zirbeldrüse bei Primaten eine entscheidende Rolle bei den Vorgängen im Umgang mit Stress spielen. Hieraus folgern sie, dass die Abnahme von Melatonin im Alter ein zentraler Grund für viele Altersleiden ist und empfehlen daher die Gabe von synthetischen Melato-ninpräparaten an ältere Menschen, um Krankheiten vorzubeugen und das Leben zu verlängern.
Es wird heute viel an der Wirkung des Melatonins geforscht, oft jedoch in Tierversuchen, die die Zusammenhänge im menschlichen Körper nicht adäquat abbilden.
Yoga und Melatonin
Wir kennen verschiedene natürliche Möglichkeiten die Melatoninproduktion anzukurbeln und zwar in Form von einfachen Yogaübungen. Swami Sannyasananda von der Adelaide University Medical School hat nachgewiesen, dass die Atemübung Nadi Shodana (der Wechselatem) und im Besonderen langes Schauen auf eine Kerzenflamme (Trataka) – beides Techniken aus dem tantrischen Yoga – dramatische Auswirkungen auf die Melatoninproduktion haben. Bei Trataka konzentriert man sich auf ein äußerliches Objekt, in diesem Fall die Flamme einer Kerze. Testreihen mit Personen, die jeden Abend Trataka machten, haben eine stark erhöhte Melatoninproduktion gezeigt.
Aus diesem Grund ist es sehr empfehlenswert vor dem Zubettgehen Trataka zu machen, da es neben den anderen Vorteilen, die eine erhöhte Melatoninproduktion mit sich bringen, hilft, einen Gang herunterzuschalten, gut und tief zu schlafen und das Immunsystem zu stärken. Man kann diese beiden Yogaübungen sehr gut kombinieren – erst der Nadi Shodana, der Wechselatem, und dann Trataka. Dieses Programm nimmt etwa 20 Minuten in Anspruch. Auch am Morgen oder als Vorbereitung für die Meditation bieten sich diese beiden Übungen an.
Trataka
Setze dich in eine bequeme, aufrechte Stellung. Platziere eine Kerze in Augen-höhe und in einem Abstand von 30-40 Zentimeter von den Augen entfernt.
– Schließe die Augen und erlebe eine Weile den ganzen Körper – erlebe die Form des Körpers.
– Lenke die Aufmerksamkeit auf den spontanen Atem in der Nase.
– Wenn du guten Kontakt mit dem Atem bekommen hast, öffne die Augen und schaue 5 – 10 Minuten entspannt auf die Flamme. Schaue am besten den obersten, glühenden Punkt am Docht an. Versuche nicht zu blinzeln.
– Lösche die Flamme, schließe die Augen und betrachte den Lichtabdruck, bis er nachlässt oder verschwindet. Die Anleitung zum Nadi Shodana findest du in diesem Artikel. Mit beiden Praktiken bist du für eine Überraschung gut!